Haus der Neugier: Die Politik zieht an einem Strang
In seltener Eintracht haben alle sechs demokratischen Fraktionen des Aachener Stadtrats zum gemeinsamen Pressegespräch geladen. Der Anlass: das „Haus der Neugier“. Nach vielen Gesprächen und einigem Hin und Her sind sich Politik und Verwaltung inzwischen einig: Das Großprojekt soll im ehemaligen Horten-Haus („Lust for life“) realisiert werden.
Von Emma Scheiris und Alexander Plitsch
Der gemeinsame Auftritt unterstreicht diese Einigkeit. Es soll offensichtlich vermieden werden, dass das Projekt dem zu erwartenden Wahlkampfgetöse im kommenden Jahr zum Opfer fällt. „Alle Fraktionen sind an Bord“, sagt Carsten Schaadt, Fraktionssprecher der Grünen. „Wir haben beim Büchel gesehen, wie es gehen kann, und wollen nun auch das Haus der Neugier gemeinsam voranbringen.“
An die Entstehungsgeschichte des Projektes erinnert Wilhelm Helg, Fraktionsvorsitzender der FDP. Die Idee, Stadtbibliothek und VHS plus weitere Angebote in einem Haus der Neugier zusammenzulegen, stamme von den Verantwortlichen der beiden Institutionen. Ihnen sei es gelungen, Politik und Verwaltungsspitze für die Idee zu begeistern – anschließend wurden in einer Machbarkeitsstudie vier Szenarien ausgearbeitet.
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Übrig blieben zwei dieser Szenarien: eine Realisierung des Projektes auf dem Bushof-Areal oder eben das Horten-Gebäude, auf das man sich inzwischen geeinigt hat. Für SPD-Fraktionschef Michael Servos ist die Sache klar: „Mit dem jetzt gewählten Weg haben wir den gordischen Knoten zerschlagen.“ Man habe eine dringend benötigte Lösung für die VHS und die Bibliothek und erledige das schwierige Thema Bushof gleich mit. Am Bushof soll bezahlbarer Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen entstehen.
Kein Prestigeprojekt, sondern Pflichtaufgaben
In Sachen Planung, Beteiligung und finanzieller Steuerung komme auf Politik und Verwaltung noch ein herausfordernder Prozess zu, räumt Dirk Szagunn, Sprecher der Fraktion Die Zukunft, ein. Bei einer Begehung des Objekts erscheine das Ganze aber machbar: „Da steht schon nur noch der Rohbau.“
„Vor Ort kriegt man sofort ein Gefühl für die Vision“, bestätigt Iris Lürken, Fraktionsvorsitzende der CDU. Schnell komme Begeisterung auf für das Projekt – doch gerade deshalb sei Vorsicht geboten: „Was wir nicht brauchen, ist eine zweite Elbphilharmonie.“
Anders als das aus dem Ruder gelaufene Projekt in Hamburg sei das Haus der Neugier aber kein Prestigeprojekt, betont Michael Servos. „Hier geht es um Pflichtaufgaben wie den Zugang zu Bildung und Weiterbildung.“ Neben den Angeboten von VHS und Stadtbibliothek und neuem Wohnraum in der Innenstadt denken die Politiker*innen auch an die Entwicklung und Aufwertung des gesamten Quartiers zwischen Büchel, Horten-Haus und Bushof.
„Wohnzimmer für alle”
Noch ist das Haus der Neugier im ohnehin engen Haushalt der Stadt nicht eingeplant. Damit es nicht zu einer Überforderung kommt, brauche es Augenmaß bei der Planung, sind sich die Vertreter*innen der Fraktionen einig. Etwas Raum für Träumerei und Ideen dürfe es bei der Frage, was neben VHS und Bibliothek noch Platz findet, aber schon geben, befindet Linken-Ratsherr Marc Beus. Er spricht von einem „großen und spannenden Gebäude ohne Konsumzwang“, einem „Wohnzimmer für alle“.
Während die Planungen schon anlaufen, gibt es noch eine entscheidende Hürde: Das Horten-Gebäude gehört der Stadt Aachen noch gar nicht. Eigentümerin ist die Landmarken-Gruppe, die seit Jahren versucht, eine passende Nutzung für das Objekt zu finden, und jetzt mit der Stadt über den Kauf verhandelt. Mit einem Objekt des Gemeinwohls wie dem Haus der Neugier könne man sich in Aachen durchaus „als Gönner verewigen“, schickt Marc Beus einen Gruß Richtung Norbert Hermanns, Landmarken-Gründer und heutiger Aufsichtsratschef.
Auch die Aachener*innen sollen bald die Möglichkeit bekommen, Einfluss auf das Haus der Neugier und seine genaue Umsetzung zu nehmen. Diesen Beteiligungsprozess und das weitere Vorgehen zu gestalten, ist nun Aufgabe der Verwaltung. 2028 soll das Haus der Neugier fertiggestellt werden.
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Titelbild: Schon 2018 haben Architekten einen Entwurf vorgelegt für ein neues Konzept im alten Horten-Haus. (Quelle: kadawittfeldarchitektur, Loomilux)