Pläne für Studiengang Grundschullehramt an der RWTH gescheitert
Lange Zeit schien die Einführung eines eigenen Studiengangs Grundschullehramt an der RWTH sicher. Jetzt entschied sich die Hochschule doch noch dagegen – und erntet dafür Kritik.
Von Calvin Meyer
Die angestrebte Einführung eines Studiengangs für das Grundschullehramt an der RWTH ist vorerst gescheitert. Das Rektorat der Hochschule hat überraschend mitgeteilt, das Vorhaben nicht weiterzuführen.
Über die Entscheidung zeigen sich viele Beteiligte irritiert, darunter auch Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen. „Das ist sehr schade für die Region und für uns, die sich so intensiv in dieses Projekt eingebracht haben, wirklich sehr enttäuschend”, sagte sie in einem kurzen Video auf Instagram. Bezug nimmt die Oberbürgermeisterin damit darauf, dass Stadt und StädteRegion Aachen sich sehr für das Vorhaben engagiert haben und die RWTH auch finanziell unterstützen wollten.
Die überraschende Kehrtwende des Rektorats sorgte parteiübergreifend für Kritik, etwa von Städteregionsrat Tim Grüttemeier und dem Stolberger Bürgermeister Patrick Haas. Deutliche Worte wählte auch Stefan Behlau, Landesvorsitzender der Lehrergewerkschaft VBE: „Die Entscheidung der RWTH Aachen ist enttäuschend und lässt vermuten, dass das Bild des Elfenbeinturms mehr Realität als Klischee ist. Dabei unterstreichen zahlreiche Studien die Wichtigkeit einer starken frühen Bildung – das gilt übrigens auch für Karrieren in der Wissenschaft und sollte Ansporn und Antrieb sein.”
Enormer Mangel an Lehrkräften
Der geplante Studiengang sollte eigentlich die Antwort auf den enormen Mangel an Lehrkräften in Aachens Grundschulen bieten. Im Zeitraum 2018 bis 2023 konnten nur knapp 40 Prozent der ausgeschriebenen Lehrstellen an Grundschulen in der StädteRegion besetzt werden. Bereits 2022 gab es einen Appell an das Land NRW, bei diesem Problem zu helfen.
Im Anschluss entwickelte die RWTH Aachen in Partnerschaft mit den Unis Siegen und Wuppertal ein Konzept, um einen neuen Studiengang Grundschullehramt einzuführen.
Stadt Aachen und StädteRegion versprachen bei Bedarf finanzielle Hilfe, etwa bei der Anmietung von Räumen für die Hochschule. Ein ursprünglich angepeilter Starttermin konnte nicht eingehalten werden, da die Raumsuche vorerst erfolglos verlief. Im April dieses Jahres schien jedoch ein passendes Gebäude in der Kackertstraße gefunden und ein Start für das Wintersemester 2025/26 wurde bekanntgegeben. Die jetzige Absage trotz fortgeschrittener Planung und Unterstützung sorgt deshalb für viel Unverständnis.
Mehrkosten von bis zu 500.000 Euro sind dem Rektorat zu viel
Die RWTH macht in ihrer Bekanntmachung den Mangel an finanziellen Mitteln verantwortlich. Die Kosten hätten sich als deutlich höher als ursprünglich geplant erwiesen. In ihrer Begründung schreibt die Hochschule: „Wir hatten frühzeitig darauf hingewiesen, dass die Finanzierung sichergestellt sein müsse. Ursprünglich war mit einer fünfstelligen jährlichen Belastung des Studienstandortes Aachen kalkuliert worden.”
Stattdessen sehe sich die RWTH mit jährlichen Mehrkosten von bis zu einer halben Millionen Euro konfrontiert, wenn der Plan durchgeführt wird. Diese Summe könne die Universität nicht selber aufbringen, ohne andere Bereiche unzumutbar zu belasten. „Dies wäre – da sind sich Rektorat und Dekaninnen und Dekane einig – unverantwortlich”, heißt es dazu in der Mitteilung der Hochschule.
80 Studienplätze pro Studienjahr waren insgesamt vorgesehen. Damit hätte die angespannte Lage an den Grundschulen in Aachen und den Nachbarorten erheblich entlastet werden können. Mit dem Scheitern der Planungen rückt die dringend benötigte Abhilfe nun wieder in die Ferne.